EuGH-Urteil: Was Mieterstromanbieter jetzt wissen müssen

geschrieben von
Paulina Würth
und

Egal was kommt, wir unterstützen Sie bei Ihren Mieterstromprojekten!

Erste Veröffentlichung am
7.3.25
aktualisiert am
10.3.25
Auf dem Foto ist ein Gewerbedach zu sehen, auf dem Solaranlagen liegen. Im Hintergrund ist eine Fabrik und grüne Hügel zu sehen.
© Green Oak’s Images; node.energy
Inhalt

Die Energiewirtschaft hat ihren eigenen Teil an unsinnigen und unpraktikablen Gesetzen. Die Kundenanlagen, wie sie im Energiewirtschaftsgesetz definiert ist, war dabei eine der positiven Ausnahmen, die die Umsetzung von Onsite-PPAs und Mieterstromprojekten begünstigt hat. Das wird sich nun leider ändern.

Der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat im November entschieden, dass die bisherige Definition der Kundenanlage nicht mit EU-Recht vereinbar ist. In diesem Artikel stellen wir vor, wie es zu dieser Entscheidung kam, was das für Mieterstromprojekte und Onsite-PPAs bedeutet und wie Anlagenbetreiber nun vorgehen können.

Hintergrund des Rechtsstreits

Die Geschichte hat ihren Ursprung in einem juristischen Disput zwischen dem Energieversorgungsunternehmen ENGIE Deutschland und der Zwickauer Energie GmbH. Der Grund dafür war der Anschluss von zwei Wohngebieten mit 96 bzw. 160 Wohnungen an das lokale Verteilernetz , jeweils ausgestattet mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen).

Diese Quartiere  wurden als Kundenanlagen klassifiziert und konnten daher den Solarstromanteil netzentgeltfrei beziehen. Der Netzbetreiber fand nicht, dass eine Anlage dieser Größe noch als Kundenanlage zu bewerten ist, sondern als Verteilernetz. Der Bundesgerichtshof, der in letzter Instanz für eine Entscheidung zuständig war, gab den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiter.

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Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Am 28. November 2024 entschied der Europäische Gerichtshof, dass die im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geregelte Unterscheidung zwischen Energieversorgungsnetzen und Kundenanlagen nicht mit EU-Recht vereinbar ist.

Ganz im Gegenteil: die in § 3 Nr. 24a EnWG festgelegte Definition von Energieversorgungsnetzen und Kundenanlagen führen dazu, dass in Deutschland viele „Verteilernetze“ im Sinne des europäischen Rechts als „Kundenanlagen“ eingeordnet wurden. Die Kundenanlage, wie sie im Moment besteht, muss angepasst oder ganz gestrichen werden.

Einfluss auf Mieterstromprojekte

Noch steht das abschließende Urteil des BGH aus, es wird jedoch erwartet, dass die zuständigen Richter der Argumentation des EuGH folgen werden. Anschließend werden sie den Gesetzgeber dazu aufrufen, die Definition der Kundenanlage im EnWG anzupassen.

Mieterstromprojekte, die unter der gegenwärtigen Definition von Kundenanlagen umgesetzt wurden, befinden sich somit in einem rechtlichen Schwebezustand. Das Urteil des BGH wird im Mai erwartet. Damit dürfte es auch eine genauere Einschätzung geben, in welchen Punkten die aktuelle Definition nicht mit EU-Recht übereinstimmt und somit, an welchen Stellen die zukünftige Regierung nachbessern muss.

Aus unserer Sicht ist es aber unwahrscheinlich, dass jede Kundenanlage künftig als öffentliches Netz betrachtet wird. Die bestehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Anreize zur Förderung von Mieterstromprojekten sprechen dagegen, wie etwa die Mieterstromförderung, die nun auch für Gewerbeimmobilien gilt oder die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung, die den Verkauf an Strom von Mietern vereinfacht.

Empfehlungen für Onsite-PPAs und Mieterstromprojekte

Aufgrund der herrschenden Unsicherheit im Markt möchten wir hier einige Empfehlungen aussprechen. Diese beruhen auf unserer Einschätzung der politischen Lage und ersetzen keine Rechtsempfehlung. In allen Fällen gilt: Betreiber können mit ihrer Anlage notfalls in die Volleinspeisung wechseln, sofern eine direkte Belieferung der Gebäudenutzer zeitweise nicht möglich bzw. lukrativ sein sollte.

Bestehende Projekte: Wie vertraglich vereinbart weiterführen. Wir gehen davon aus, dass der Gesetzgeber Übergangsregelungen erlassen bzw. Bestandsschutz gewähren wird, sodass der wirtschaftliche Betrieb bestehender Onsite-PPA oder Mieterstromprojekte voraussichtlich auch zukünftig möglich sein wird. Dennoch sollten auch Betreiber von Bestandsprojekten die weitere Entwicklung im Blick behalten.

Fortgeschrittene Projekte: Onsite-PPAs können nach unserer bisherigen Erfahrung weiterhin umgesetzt werden. Bei der Anmeldung des Messkonzepts oder kritischen Nachfragen des Netzbetreibers können Anlagenbetreiber darauf hinweisen, dass das aktuelle EuGH-Urteil bekannt ist und erforderliche Anpassungen am Mess- und Betriebskonzept vorgenommen werden, sobald die Rechtslage geklärt ist.

Frühphasige Projekte: Bei Projekten, die sich noch in der Planung befinden, sollte eine Analyse alternativer Geschäftsmodelle erstellt werden. Sofern die Volleinspeisung als Rückfalloption eine ausreichende Projektrendite ermöglichen würde, kann das Projekt fortgesetzt werden. Auch eine Verpachtung der Anlage an die Gebäudenutzer kann ggf. eine Ausweichmöglichkeit darstellen, falls der Gesetzgeber wider Erwarten keine adäquaten Alternativen zur heutigen Kundenanlage einführen sollte.  

Insgesamt gehen wir davon aus, dass Onsite-PPA-Projekte auch nach der notwendigen Anpassung des Rechtsrahmens umgesetzt werden können und ein wirtschaftlicher Bestandteil der Energiewende in Deutschland bleiben.

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Wir werden Sie über alle Neuigkeiten zum EuGH-Urteil und seinen Auswirkungen in diesem Artikel informieren.

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Häufig gestellte Fragen

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