Stromsteuerliche Verklammerung von Windenergieanlagen

Inhalt

Stromsteuerliche Verklammerung von Windenergieanlagen an einem Standort

Verklammerung von Anlagen an einem Standort nach § 12b Abs 1 StromStV:

"Mehrere unmittelbar miteinander verbundene Stromerzeugungseinheiten an einem Standort gelten als eine Anlage zur Stromerzeugung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes. Als unmittelbar miteinander verbunden gelten insbesondere auch Anlagen in Modulbauweise, die sich im selben baulichen Objekt befinden."

Bin ich davon betroffen?

Hinweis: Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf dem Informationsschreiben der Generalzolldirektion zum "Anlagenbegriff im Steuerrecht", welches Sie unter diesem Link herunterladen können.

Für die Bewertung, ob es sich bei mehreren Stromerzeugungseinheiten am selben Standort um eine Anlage handelt, können u. a. folgende Kriterien herangezogen werden:

  • Betreibereigenschaft
  • gemeinsame Steuerung
  • technische Verbundenheit und üblicherweise gemeinsamer Betrieb
  • in Serie geschaltete Einheiten
  • keine getrennte Fahrweise der Einheiten möglich
  • gemeinsame(r) Stromeinspeisepunkt/-stelle
  • gemeinsame Sicherheitseinrichtungen

Zu Punkt „gemeinsame Steuerung“

In der Regel verfügt jede sich in einem Windpark befindliche WEA über eine eigene Steuerung z. B. zum Hoch- und Runterfahren der Anlage, zur Windausrichtung oder der Winkelstellung der Rotorblätter usw. Üblicherweise kann also davon ausgegangen werden, dass weder die WEA eines Betreibers noch WEA verschiedener Betreiber eine gemeinsame Steuerung an einem Standort aufweisen.

Zu Punkt „technische Verbundenheit“

Windparks und die darin befindlichen WEA sind zwar in der Regel darauf ausgelegt, die maximal mögliche Stromerzeugung (Produktion) in das öffentliche Netz einzuspeisen und werden vom Betreiber selbst insofern nicht bedarfsgerecht gesteuert. Wie zuvor ausgeführt, liegt eine gemeinsame Steuerung der WEA am Standort in der Regel nicht vor. Zudem sind WEA nicht modular aufgebaut. Es kann jedoch bei den WEA eines Betreibers technische Verbindungen geben, die zu einer unmittelbaren Verbundenheit dieser WEA an demselben Standort führen können, ohne dass es dadurch zu einer gemeinsamen Steuerung durch den Betreiber selbst kommt. Dabei handelt es sich um so genannte Windparkregler, die mit den SCADA-Systemen des Windparks verbunden sind. Jeder moderne Windpark verhält sich danach am Netz wie ein Kraftwerk, was regelmäßig einen gemeinsamen Betrieb erfordert.

Fazit

Die stromsteuerrechtliche Anlagenbetrachtung bei WEA in Windparks ist ganz maßgeblich vom Betreiber und der Art der Steuerung der jeweiligen WEA abhängig. Im Regelfall findet an einem Standort keine gemeinsame Steuerung zur Stromerzeugung von WEA durch den Betreiber selbst statt, die WEA sind nicht in Serie geschaltet und können getrennt voneinander betrieben werden. Der gemeinsame Stromeinspeisepunkt und eine ggf. gemeinsame Sicherheitseinrichtung sind allein nicht ausreichend, um den Charakter einer Anlage zu begründen. Sind die WEA eines Betreibers an demselben Standort jedoch zusätzlich dazu durch betreiberspezifische Windparkregler miteinander verbunden (d.h., es werden nicht nur die WEA mehrerer Betreiber geregelt), sind diese WEA als unmittelbar miteinander verbundene Stromerzeugungs-einheiten zu einer Stromerzeugungsanlage zusammenzufassen. Die WEA dieses Betreibers werden dann, wie ein Kraftwerk betrachtet.

Stromsteuerliche Verklammerung von WEA an unterschiedlichen Standorten


Verklammerung von Anlagen an unterschiedlichen Standorten nach § 12b Abs. 2 StromStV:

"Stromerzeugungseinheiten an unterschiedlichen Standorten gelten als eine Anlage zur Stromerzeugung nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Gesetzes, sofern die einzelnen Stromerzeugungseinheiten zum Zweck der Stromerzeugung zentral gesteuert werden; dies ist insbesondere der Fall, wenn die einzelnen Stromerzeugungsanlagen nach § 36 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes […] fernsteuerbar sind, und der erzeugte Strom zumindest teilweise in das Versorgungsnetz eingespeist werden soll."

Greift die Verklammerung grundsätzlich auch für Windenergieanlagen verschiedener Betreiber?

Ja. Die Generalzolldirektion sagt hierzu folgendes: Bei Direktvermarktungen durch Direktvermarkter und im Rahmen der Regelenergiebereitstellung ist grundsätzlich eine gemeinsame Steuerung der Anlagen vorhanden. Auf einen Standort bezogen sind diese Fälle jedoch nicht maßgebend. Von Relevanz ist dies nur bei verschiedenen Standorten in Bezug auf § 9 Absatz 1 Nummer 3 StromStG i. V. m. § 12b Absatz 2 StromStV, der unabhängig vom Betreiberbegriff eine Prüfung der 2-MW-Grenze fordert.

Ausnahme

– gemäß § 12b Abs 3 StromStV

Die Fernsteuerbarkeit nach Absatz 2 Satz 1 gilt nicht als zentrale Steuerung zum Zweck der Stromerzeugung, wenn die Direktvermarktung des in das Versorgungsnetz eingespeisten Stroms durch einen Dritten erfolgt, die elektrische Nennleistung der Anlagen eines Betreibers dabei 2 Megawatt nicht überschreitet und der Strom innerhalb der Kundenanlage (§ 1a Absatz 9) entnommen wird, in der er erzeugt worden ist. Die Befreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 StromStG kann in diesem Fall also trotz Direktvermarktung in Anspruch genommen werden.

Folge einer Verklammerung an unterschiedlichen Standorten

Führt eine Verklammerung an unterschiedlichen Standorten dazu, dass die Leistung der standortübergreifend verklammerten WEA die Grenze von 2 MW überschreitet, kann die Befreiung nach § 9 (1) Nr. 3 für diese WEA nicht in Anspruch genommen werden. In diesem Fall muss für jeden Standort geprüft werden, ob die an einem Standort verklammerte Anlagenleistung die Grenze von 2 MW überschreiten würde. Ist dies der Fall, kann für die betroffenen WEA die Befreiung nach § 9 (1) Nr. 1 (Selbstverbrauch aus EE >2 MW) genutzt werden (siehe hierzu "Wichtiger Hinweis" auf S. 12 im Schreiben der GZD). Andernfalls entfällt leider sowohl die Befreiung nach § 9 (1) Nr. 3 als auch die nach § 9 (1) Nr. 1. In diesem Fall empfiehlt sich eine Steuerentlastung nach § 9 (1) Nr. 2 StromStG (Strom zur Stromerzeugung).