Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke, moderne Batteriespeicher und sogar Windkraftanlagen – noch nie gab es mehr Möglichkeiten für Unternehmen in Industrie und Gewerbe sich selbst direkt vor Ort nachhaltig und klimafreundlich mit Strom zu versorgen.
Und nie war dies billiger: Längst ist der Eigenverbrauch bzw. eine dezentrale Stromerzeugung auch für Industrie und Gewerbebetriebe deutlich günstiger als der klassische Strombezug aus dem Netz. Es gibt sogar Nutzungsmodelle, bei denen nicht mal selbst investiert werden muss. Eine eigene, grüne Stromerzeugung vor Ort ist also immer ein Gewinn, sowohl für das Unternehmen als auch für den Klimaschutz!
Gründe genug, dieses Thema am eigenen Standort anzugehen. Doch welche CO₂-Reduktion lässt sich tatsächlich erzielen und wie hoch ist die Wirtschaftlichkeit? Welche rechtlichen Aspekte sind zu beachten? Und wie findet man den richtigen Technologiemix für den Standort? In diesem Artikel finden Sie alle nötigen Grundlagen für den Einstieg in die eigene, grüne Stromerzeugung.
Wie viel CO₂ Reduktion ist durch grüne Stromerzeugung am Standort möglich?
Jede vor Ort umweltfreundlich erzeugte und verbrauchte Kilowattstunde ersetzt den Bezug von sogenanntem „Graustrom“ aus dem Netz und senkt dadurch sofort und dauerhaft den CO₂-Ausstoß des eigenen Unternehmens! Ganz egal, welches rechtliche Modell dabei (s. u.) für eine grüne Stromerzeugung gewählt wird, der positive ökologische Effekt ist in allen Fällen gleich. Zusätzlich tragen lokale Erzeugung und Verbrauch auch dazu bei, dass das öffentliche Stromnetz entlastet wird und weniger stark ausgebaut werden muss. Wie weit sich die CO₂-Emissionen am eigenen Standort senken lassen, hängt davon ab, welche Erzeugungstechnologien genutzt werden. Die nachfolgende Grafik zeigt dazu die CO₂-Emissionsfaktoren verschiedener erneuerbarer Energien im Vergleich zum Strombezug aus dem Netz:
Aus der Grafik ist ersichtlich, dass ein Unternehmen, welches anstelle von Netzstrom z. B. den Strom aus einer Photovoltaikanlage vor Ort nutzt, den CO₂ Ausstoß um 87 % reduzieren kann. Besteht am Standort die Möglichkeit, Strom aus einer Windkraftanlage zu nutzen, werden sogar rund 96 % weniger CO₂ pro verbrauchter Kilowattstunde ausgestoßen. Durch ein modernes Erdgas Blockheizkraftwerk lassen sich rund 10–30 % CO₂ Emissionen einsparen (vgl. hier). Grundsätzlich gilt: Je mehr Strom direkt vor Ort verbraucht wird, desto mehr CO₂ kann eingespart werden.
Je mehr Strom direkt vor Ort verbraucht wird, desto mehr CO₂ kann eingespart werden.
Batteriespeicher können dabei den Anteil des vor Ort verbrauchten Stroms wirkungsvoll erhöhen. Auch falls ein Teil des Stroms als Überschuss in das Netz eingespeist wird, trägt dies zum Klimaschutz bei. Zum Beispiel vermeidet jede von einer Photovoltaikanlage ins Netz eingespeiste kWh den Ausstoß von rund 630 g CO₂ fossiler Kraftwerke (vgl. hier). Nicht zu vergessen ist auch die positive Imagewirkung von grünen Erzeugungsanlagen am Unternehmensstandort. Der eigene, positive Beitrag zum Klimaschutz wird dadurch auch für die Öffentlichkeit unmittelbar sichtbar und kann entsprechend vermarktet werden.
Wirtschaftlichkeit grüner Stromerzeugung – hohe Renditen bei Eigenverbrauch
Wer Strom aus dem Netz bezieht, bezahlt neben den eigentlichen Herstellungskosten des Stroms auch für dessen Verteilung über das öffentliche Netz in Form von Netznutzungsentgelten sowie eine Reihe von Abgaben, Umlagen und Steuern. Diese Kostenpositionen machen bis zu 75 % des Strompreises aus. Wird der Strom hingegen vor Ort erzeugt und verbraucht, entfallen diese Zusatzkosten nahezu vollständig. Der Strom wird also im wahrsten Sinne des Wortes zum Selbstkostenpreis erzeugt. Die Differenz zwischen Netzstrompreis und eigenen Herstellungskosten stellt den wirtschaftlichen Vorteil dar. Dabei sind die Zeiten, in denen die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ein teurer Luxus für Ökopioniere war, lange vorbei. Inzwischen produzieren Photovoltaik, Windkraft & Co. auch in Deutschland billiger als konventionelle, fossil befeuerte (Groß-)Kraftwerke.
Inzwischen produzieren Photovoltaik, Windkraft & Co. auch in Deutschland billiger als konventionelle, fossil befeuerte (Groß-)Kraftwerke.
Der Maßstab hierfür sind die Stromgestehungskosten (engl. Levelized Cost of Electricity, LCOE). Die Stromgestehungskosten umfassen alle Kosten, die mit der Stromproduktion verbunden sind, von der Herstellung der Erzeugungsanlage über den Betrieb bis hin zum Rückbau bzw. der Entsorgung. Auch die Kapitalkosten für die Finanzierung sind enthalten.
Wie untenstehende Grafik zeigt, liegen die Stromgestehungskosten für eine große Photovoltaikanlage auf einem Industriedach im Mittel bei ca. 6–8 ct/kWh. Windräder produzieren ähnlich günstig Strom. Moderne, erdgasbetriebene Blockheizkraftwerke haben Stromgestehungskosten von etwa 6–9 ct/kWh. Da die Strompreise für den Netzbezug von Gewerbe und Industriebetrieben (Quelle: Bundesnetzagentur, Monitoringbericht 2019) typischerweise deutlich höher sind (siehe Grafik), lohnt sich die dezentrale Stromerzeugung also so gut wie immer. In der Spitze können je Kilowattstunde bis zu 60 % gespart werden! Zusätzlich besteht für die gesamte Nutzungsdauer der Erzeugungsanlagen, die zwischen 10 Jahren (bei BHKWs) bis über 20 Jahre (bei erneuerbaren Energien) beträgt, eine langfristige Absicherung gegen steigende Strompreise.
Auch für die Wirtschaftlichkeit gilt, dass diese umso höher ist, je mehr des am Standort erzeugten Stroms auch direkt vor Ort verbraucht wird. Außerdem spielt hier eine Rolle, welches Betreibermodell gewählt wird. Es gibt drei verschiedene Modelle: Eigenversorgung als Eigentümer der Erzeugungsanlage, als Pächter oder die Direktlieferung. Die nachfolgende Tabelle erklärt die Betreibermodelle für grüne Stromerzeugung am Beispiel einer Photovoltaikanlage, die auf einer Werkshalle errichtet wird:
Im Modell der „Eigenversorgung als Eigentümer“ kommt der gesamte wirtschaftliche Vorteil in voller Höhe unmittelbar dem allein agierenden Unternehmen A zugute. Unternehmen A erhält also die volle Projektrendite, die in der Praxis häufig deutlich größer als 10 % ist. Bei der „Eigenversorgung als Pächter“ bzw. „On-site PPA“ muss der wirtschaftliche Vorteil hingegen zwischen den handelnden Unternehmen aufgeteilt werden und ist Verhandlungssache.
Darüber hinaus sei erwähnt, dass die Finanzierung von erneuerbaren Energien heutzutage ein standardisiertes Geschäftsmodell ist. Es stehen viele Banken und spezialisierte Finanzierungspartner im Markt zur Verfügung, die in der Regel Finanzierungen bereits ab einem Eigenkapitalanteil von 10–20 % anbieten.
Betreibermodelle, Privilegien und Pflichten – auf diese rechtlichen Aspekte kommt es an
Bei allen genannten Vorteilen hat die eigene Stromerzeugung am Standort leider auch einen Haken: das komplexe, deutsche Energierecht. Dieses umfasst nahezu 15.000 Paragrafen in mehr als 200 Gesetzen und Verordnungen. Damit gehört die Stromerzeugung bzw. -versorgung zu den hochgradig regulierten Tätigkeiten. Es ist daher unverzichtbar, diese regulatorischen Aspekte von Anfang an in den eigenen Planungen zu berücksichtigen. Von herausragender Bedeutung sind dabei folgende drei Fragen:
- Durch welche Technologie(n) erfolgt die Stromerzeugung am Standort?
- Welches Betreibermodell wird für die Stromerzeugung gewählt?
- Welche Privilegien bzw. Förderungen werden in Anspruch genommen?
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Unterschiede zwischen den nutzbaren wirtschaftlichen Privilegien für grüne Stromerzeugung in Abhängigkeit des Betreibermodells:
Je nach genutzten Privilegien ergeben sich verschiedene administrative und rechtliche Pflichten. Diese Pflichten können z. T. sehr umfangreich sein und bestehen gegenüber verschiedenen Akteuren. So muss – je nach Sachverhalt – z. B. mit Netzbetreibern, Hauptzollämtern oder der Bundesnetzagentur kommuniziert werden. Wer aus rechtlicher Sicht für die Erfüllung der Pflichten zuständig ist, ergibt sich wiederum aus dem Betreibermodell (vgl. Tabelle). In der Regel erfordert die Erfüllung dieser Pflichten die Einrichtung neuer Prozesse und Zuständigkeiten im Betrieb.
Durch frühzeitige Berücksichtigung dieser Aspekte und den Einsatz einer geeigneten Softwarelösung kann das richtige Modell gewählt und die administrativen Aufwände massiv reduziert werden.
Tipps für die Auswahl der passenden Technologie für Ihren Standort
Die Bestimmung des am besten geeigneten Technologiemix zur grünen Stromerzeugung an einem konkreten Standort erfolgt idealerweise in zwei Schritten: Zunächst wird unter Berücksichtigung standortspezifischer Gegebenheiten eine (Vor-)Auswahl passender Technologien getroffen. Hierbei sind vor allem der Strom- und Wärmeverbrauch, Eigentums- bzw. Mietverhältnisse sowie das vorhandene Platzangebot am Standort zu berücksichtigen (Dachflächen, Parkplätze, Freiflächen, etc.).
Auch bereits vorhandene Erzeugungsanlagen und Netze sollten analysiert werden. Gegebenenfalls besteht ohnehin ein Austausch- oder Sanierungsbedarf, der Raum für Neugestaltung bietet. Sind diese Faktoren geklärt, lässt sich recht schnell bestimmen, welche Technologien infrage kommen. Standorte mit einem hohen Platzangebot an Dach- und/oder Freiflächen eignen sich z. B. hervorragend für den Einsatz von Photovoltaikanlagen. Blockheizkraftwerke hingegen erfordern kein besonderes Platzangebot, sind aber nur sinnvoll, wenn neben Strom auch Wärme in (mindestens) ähnlicher Menge benötigt wird.
Im zweiten Schritt erfolgt dann die Detailplanung. Ein häufiger Fehler hierbei ist, dass vorwiegend technische und ggf. wirtschaftliche Kriterien berücksichtigt werden. Rechtliche Aspekte, wie die oben vorgestellten Betreibermodelle und Privilegien, werden dabei regelmäßig übersehen. Da diese jedoch die Wirtschaftlichkeit und insbesondere den späteren Verwaltungsaufwand im Betrieb maßgeblich beeinflussen, sollten diese unbedingt im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung mit abgebildet werden.