Im ersten Teil unserer Serie „Gewerblicher Mieterstrom – Praxiswissen zu Lieferverträgen und Abrechnungen“ haben wir uns das Thema Stromlieferverträge näher angeschaut. Nun springen wir ein Jahr in die Zukunft: Ihre Abnehmer haben in dieser Zeit den grünen und günstigen Strom aus Ihren Solaranlagen bezogen. Es ist an der Zeit, die erste Abrechnung zu verschicken.
Im zweiten Teil unserer Serie zeigen wir Ihnen die Fallstricke, die Sie bei der Erstellung von Abrechnungen vermeiden sollten und geben Ihnen Tipps aus der Praxis.
Datenerfassung – gelieferte Strommengen auslesen und abrechnen
Um eine rechtskonforme Abrechnung zu erstellen, müssen Sie wissen, welche Strommengen Sie in Rechnung stellen können. Die von Ihrem Kunden verbrauchte Strommenge erhalten Sie entweder vom zuständigen Messstellenbetreiber (MSB) oder Sie müssen diese selbst von den verbauten Stromzählern ablesen. Haben Sie nur einen Zähler an der Solaranlage und am Netzverknüpfungspunkt installiert, können Sie über die Differenz der erzeugten und eingespeisten Mengen den Verbrauch Ihrer Abnehmer errechnen.
Die MSBs stellen die Daten in den meisten Fällen über ein Online-Portal zur Verfügung, in das Sie sich einloggen können. Dort erhalten Sie in der Regel eine jährliche Übersicht.
Praxistipp: Messkonzept für die Stromabrechnung beachten
Beachten Sie unbedingt bilanzielle Entscheidungen, die Sie in Ihrem Messkonzept getroffen bzw. mit Ihren Verbrauchern vereinbart haben. Beliefern Sie zum Beispiel zwei Abnehmer und haben entschieden, dass Verbraucher 1 den Solarstrom priorisiert erhält, müssen Sie seinen gesamten Verbrauch mit dem Solarstrom so weit wie möglich (rechnerisch) abdecken. Nur der überschüssige Solarstrom wurde dann an Verbraucher 2 geliefert und wird entsprechend abgerechnet.
Gesetzliche Vorgaben zur Abrechnung von Mieterstrom
Bei der PV-Direktlieferung, auch ungeförderter oder gewerblicher Mieterstrom genannt, gelten für Sie die Vorgaben aus der Energiegesetzgebung. Dazu zählt, dass Sie die Abrechnungen innerhalb von sechs Wochen nach dem Abrechnungszeitraum Ihren Abnehmern vorlegen müssen.
Insbesondere gelten für Mieterstromabrechnungen, egal ob geförderter oder ungeförderter Mieterstrom, die Regelungen der §§ 40, 40a, 40b, 40c und 42 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Diese besagen unter Anderem:
- die Rechnung muss einfach und verständlich gestaltet sein und auf Wunsch unentgeltlich erläutert werden
- neben Ihrem Namen und Ihrer Anschrift müssen auch Ihre Kontaktdaten für eine „unverzügliche Kontaktaufnahme“ ausgewiesen werden
- der Rechnungsbetrag und das Fälligkeitsdatum müssen deutlich erkennbar sein
- bei der Verwendung von fernauslesbaren Zählern müssen monatliche Abrechnungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden
- die Vertragsdauer und Vertragsfristen mit Kündigungsfrist und nächstmöglichem Kündigungstermin müssen klar ausgewiesen sein
- und die Rechte Ihres Abnehmers müssen aufgelistet werden
Außerdem gehören auf eine Stromabrechnung die Markt- und Messlokationen der Stromzähler. Dabei ist zu beachten: Betreiben Sie die Stromzähler Ihrer Verbraucher selbst, müssen Sie auf der Abrechnung statt der Markt- und Messlokationen die Zählernummern angeben, die Sie selbst vergeben haben. In diesem Fall ist es auch Ihre Aufgabe, die gemessenen Strommengen für die Erstellung der Abrechnung abzulesen.
Begriffserklärung: Markt- und Messlokation
Markt- und Messlokationen sind individuelle Nummern, die Sie erhalten, wenn Sie Ihre Stromzähler beim zuständigen Netzbetreiber anmelden. Das geschieht automatisch, wenn der Betrieb der Stromzähler von einem Messstellenbetreiber übernommen wird.
Messlokation: Eine individuelle und eindeutige Nummer für den Stromzähler.
Marktlokation: Eine individuelle und eindeutige Nummer für jede von einem Stromzähler gemessene Stromrichtung. Misst Ihr Stromzähler beispielsweise eingehende (bezogene) und ausgehende (eingespeiste) Ströme, erhalten Sie zwei unterschiedliche Marktlokationen, eine für die aus dem Netz bezogenen Strommengen und eine für die Strommengen, die Sie in das öffentliche Netz einspeisen.
Kosten für die Mieterstromabrechnung aufschlüsseln
Neben den Gesamtkosten für den gelieferten Solarstrom müssen auch die einzelnen Bestandteile angegeben werden (vgl. Bild 1). Das sind bei der PV-Direktlieferung der vereinbarte Strompreis (auch Arbeitspreis genannt), die EEG-Umlage und, bei Anlagen über 1 MW Nennleistung, die Stromsteuer. Da die EEG-Umlage am 01.07.2022 auf 0 ct/kWh reduziert wurde, muss sie auf den Rechnungen ab Juli 2022 nicht mehr angegeben werden.
Praxistipp: Stromsteuerpflicht und Stromsteuerbefreiung
Solaranlagen mit einer Nennleistung bis zu 1 MW sind laut der Stromsteuer-Durchführungsverordnung grundsätzlich von der Stromsteuer befreit. Für Anlagen unter 2 MW, deren Strom lokal geliefert wird, können Betreiber eine Befreiung der Stromsteuer beantragen (vgl. § 9 Stromsteuergesetz). Ohne diese Befreiung muss die Stromsteuer jährlich berechnet und bezahlt werden. Betreiber können aber am Ende des Jahres eine Rückerstattung beantragen.
Für die in Abbildung 1 dargestellte Beispielanlage (Nennleistung: 1,26 MW) wurde die Befreiung beantragt. Aus Gründen der Transparenz werden die stromsteuerpflichtigen Mengen aber weiterhin angegeben, in diesem Fall mit 0 ct/kWh.
Vollversorgung bei Mieterstrom – das muss extra auf die Abrechnung
Bieten Sie als Solaranlagenbetreiber geförderten Mieterstrom an oder haben sich dafür entschieden, die Vollversorgung für Ihre Abnehmer zu übernehmen, müssen Sie in der Abrechnung auch die Kosten für den Strom aus dem Netz auflisten (vgl. Bild 2).
Denn Vollversorgung bedeutet, dass Sie die Versorgung der Abnehmer mit Strom garantieren, auch in der Nacht oder an wolkigen Tagen. Dies wird sichergestellt, indem Sie einen Vertrag mit einem konventionellen Elektrizitätsversorgungsunternehmen abschließen und Ihre Abnehmer darüber auch mit Strom aus dem Netz versorgen. Die Höhe der einzelnen Preisbestandteile können Sie der Abrechnung entnehmen, die Sie wiederum vom zuständigen Elektrizitätsversorgungsunternehmen erhalten.
Praxistipp: Weiterleitungskosten können sich ändern
Beachten Sie bei besonders stromintensiven Kunden, etwa in der Industrie, dass sich die § 19-Strom-NEV-Umlage sowie der Leistungspreis Netznutzung verändern können.
Die § 19-Strom-NEV-Umlage reduziert sich für jede Kilowattstunde Strom, die nach der ersten bezogenen Gigawattstunde Strom bezogen wird. Das gilt aber nur pro Verbraucher, die bezogenen Strommengen von verschiedenen Abnehmern dürfen nicht zusammengerechnet werden.
Der Leistungspreis Netznutzung ist abhängig von der höchsten Lastspitze (kW) im jeweiligen Jahr.
Bei mehreren Abnehmern, die Sie voll mit Strom versorgen, sollten Sie die entstandenen Kosten also überprüfen und gegebenenfalls pro Abnehmer umrechnen.
Pflichtangaben zum Strommix
Eine weitere gesetzliche Vorgabe für Stromabrechnungen besagt, dass Sie den gelieferten Strom im Vergleich zum durchschnittlichen deutschen Strommix darstellen müssen.
Hier gilt zu beachten: Sie dürfen Ihren Solarstrom nur dann als 100 % Grünstrom darstellen, wenn Sie dafür auch einen Herkunftsnachweis besitzen. Besitzen Sie diesen nicht, müssen Sie den Strom aus Ihren Anlagen als Strommix für EEG-Zahler darstellen.
Auch hier gibt es eine Änderung ab dem 1. Juli 2022: Da die Stromabnehmer die EEG-Umlage nicht mehr zahlen, gibt es keine gesonderte Darstellung mehr. Liegt kein Herkunftsnachweis vor, wird auch bei der PV-Direktlieferung der deutsche Strommix abgebildet (vgl. Bild 3).
Die Zusammensetzung des deutschen Energieträgermixes finden Sie zum Beispiel auf der Seite des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Die Daten des Vorjahres werden zum 1. November herausgegeben und müssen entsprechend auf Ihren Abrechnungen aktualisiert werden.
Bieten Anlagenbetreiber Mieterstom im Model "Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung" an (vgl. § 42b EnWG) entfällt die Pflicht, den Strommixvergleich auf der Rechnung anzugeben.
Praxistipp: Zertifizierung oder EEG-Förderung
Das Doppelvermarktungsverbot im EEG regelt, dass Betreiber von Stromerzeugungsanlagen entweder ein Grünstromzertifikat oder die Förderung aus dem EEG erhalten. Wenn Sie also den Strom aus Ihren Anlagen zertifizieren lassen, erhalten Sie zum Beispiel keine Netzeinspeisevergütung mehr.
Es gibt jedoch die Möglichkeit, dass Sie nur für den Strom, den Sie an Ihre Abnehmer liefern, einen Herkunftsnachweis beantragen. Dadurch können Sie den Strom aus der PV-Direktlieferung als 100 % grünen Strom ausweisen und erhalten weiterhin die Förderung aus dem EEG für den eingespeisten Strom.
Pauschal nach Mietfläche abrechnen
Es gibt keine gesetzliche Regelung, die besagt, dass bei Mieterstrom genau nach kWh abgerechnet werden muss. Es kann also auch pauschal, zum Beispiel nach gemieteter Fläche abgerechnet werden. Allerdings gibt es dabei Bedenken, die sich aus dem Umsatz- und Ertragssteuerrecht ergeben.
Umsatzsteuer
Pauschale Abrechnungen können zu Problemen führe, wenn die Beteiligten, Sie als Versorger und Ihre gewerblichen Abnehmer, nicht gänzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Je nach Konstellation besteht entweder ein geringerer Vorsteuerabzug oder aber es muss mehr Umsatzsteuer abgeführt werden als bei einer Abrechnung nach verbrauchten Strommengen. Soweit die Leistungen gem. § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen sind, erkennt die Finanzverwaltung in den meisten Fällen nur solche Schätzungen an, die sicherstellen, dass der Fiskus „besser“ gestellt wird als im Falle einer Spitzabrechnung. Lediglich im Einzelfall kann sich dies auch mal anders darstellen.
Ertragssteuer
Rechnen Sie Ihren gelieferten Mieterstrom nur pauschal ab, kann dies als verdeckte Einlage oder verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Betriebsprüfung kommen. Sollte sich im Rahmen der Prüfung zeigen, dass sich die Abweichungen der Schätzung der Strommengen mit den tatsächlich verbrauchten Mengen nahezu ausgleichen, zieht dies keine weiteren Folgen nach sich.
Bei einer Abweichung dagegen besteht die Gefahr, dass die Finanzaufsicht eine verdeckte Einlage oder eine verdeckte Gewinnausschüttung vermutet. In diesem Fall verändert sich die Ergebnissituation Ihres Unternehmens, was letztlich zu einer höheren Steuerlast und im Falle einer verdeckten Gewinnausschüttung zu einer höheren Kapitalertragsteuer führt.
Aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten bei einer pauschalen Abrechnung raten wir dazu, immer den tatsächlich verbrauchten Strom abzurechnen.
Wallbox auf der Stromabrechnung
Haben Sie eine Wallbox für Ihre/n Mieter installiert, können Sie die Miete für die Box über die Stromrechnung abrechnen. Dabei ist wichtig, dass die Abgrenzung zwischen verbrauchtem Strom und Wallbox-Miete eindeutig erkennbar ist, wie es das Energiewirtschaftsgesetz in den §§ 40 und 42 regelt.
Wie auch bei der Stromabrechnung selbst empfehlen wir, den Ladestrom direkt nach bezogenen kWh abzurechnen und nicht pauschal, etwa über die Miete der Wallbox. Im besten Fall sollte dabei weder Ihnen noch Ihrem Mieter ein Nachteil entstehen. Anzumerken ist außerdem, dass dieses Thema noch nicht in der höchstrichterlichen Rechtsprechung konkretisiert worden sind, es also Änderungen geben kann.
Solarpaket 1: Abrechnungen erstellen für die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung
Mit dem Solarpaket 1, das am 26.04.2024 in Kraft getreten ist, verankert der Gesetzgeber eine Form des ungeförderten Mieterstroms im EnWG: die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“. Anlagenbetreiber können sich auf dieses Modell beziehen, um die Abstimmung mit ihrem Netzbetreiber bezüglich des notwendigen Messkonzepts zu vereinfachen.
Außerdem erleichtert die Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung die Erstellung von Abrechnungen für den gelieferten Solarstrom: Dies muss nicht mehr auf Wunsch des Mieters monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich geschehen. Anbieter von Mieterstrom können somit frei entscheiden, ob sie den Strom einmal im Jahr oder in kürzeren Intervallen abrechnen. Zusätzlich entfällt die Pflicht zur Kennzeichnung des Stroms.
Abrechnungen für Mieterstrom einfach per Software erstellen
Eine rechtskonforme Abrechnung zu erstellen, bringt einige Hürden und Fallstricke mit sich. Einige Betreiber ziehen externe Berater hinzu, um diese wiederkommende Pflicht zu erfüllen. Doch es gibt eine weitere effiziente und rechtssichere Option: opti.node von node.energy. Unsere Software-Lösung erstellt automatisch energierechtlich korrekte Abrechnungen für Sie und unterstützt Sie dabei, Herkunftsnachweise für die von Ihnen gelieferte Strommengen auszustellen und zu verwalten.